| 
								   
								
								  
								Quelle:
								
								https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Earth-Moon_System.jpg 
								From 4 million miles away on December 16, 1992, 
								NASA's robot spacecraft Galileo  
								took this 
								picture of the Earth-moon system. 
								  
								Schielt der Mond? Natürlich nicht - er hat ja 
								nicht zwei Augen! 
								Dennoch liest man z.B.: 
								"Schielt der Mond?
								Die Mondsichel weist stets exakt zur Sonne –
								so muss es sein, weil sich Licht geradlinig
								ausbreitet. Doch manchmal schert sich die
								Natur nicht darum!"
								Von H. Joachim Schlichting,
								SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT Oktober 2012. 
								Oder in "Der Silberblick des Mondes und die 
								Zentralperspektive",
								UDO BACKHAUS - HANS JOACHIM SCHLICHTING,
								MNU Journal - Ausgabe 4.2017 - ISSN 0025-5866: 
								"Der aufmerksame Beobachter stößt, wenn er die 
								Entstehung der Phasengestalt glaubt verstanden 
								zu haben, allerdings auf ein Problem: Die von 
								der Sonne beleuchtete Mondseite scheint oft 
								nicht in Richtung Sonne zu »blicken«, sondern 
								mehr oder weniger deutlich oberhalb an ihr 
								vorbei zu »schielen«. Genauer: Wenn man die 
								Symmetrieachse der Phasengestalt geradlinig 
								verlängert, scheint die Linie nicht auf die 
								Sonne zu treffen. Sie verfehlt die Sonne umso 
								weiter, je größer der Winkel zwischen dem 
								zunehmendem Mond und der Sonne wird. 
								Dennoch ist das Phänomen immer wieder Gegenstand
								von Publikationen, in denen es aus 
								astronomischer, wahrnehmungspsychologischer
								und lebensweltlicher Sicht beschrieben
								wird (z. B. GLAESER, 2009 und SCHOELKOPF, 1998, 
								STEINRÜCKEN,o. J., SCHOTT, o. J., MAYER, o. J., 
								FEUERSTEIN, 2013). In einigen
								dieser Arbeiten wird allein schon durch die 
								Komplexität der
								Darstellung der Eindruck erweckt, das Phänomen 
								sei kompliziert und nur schwer erklärbar, in 
								anderen Äußerungen (BUTH,
								2011, OBERSCHELP, 2012) zeigen sich 
								grundsätzliche Verständnisschwierigkeiten." 
								 
								Die anthropozentrische Sprache (der Mond 
								schielt, die Mondseite blickt, die Linie 
								trifft,...) in manchen Artikeln ist immer 
								wieder faszinierend! Ist sie am Ende der 
								Grund für "grundsätzliche 
								Verständnisschwierigkeiten"?   
								Die Wurzeln dieses Scheinproblems reichen 
								übrigens (mindestens) zurück 
								bis zu Martin Wagenscheins "Der Mond 
								und seine Bewegung". Zitat: 
								
								  
								«Hat man aber einmal das „Spähen 
								nach den Strahlen der Sonne“ gefunden (exakt 
								gesprochen: dass das auf der Verbindungssehne 
								der beiden Spitzen der Mondsichel errichtete 
								Mittellot immer auf die Sonne zielt) und hat man 
								einmal die ungeheure Möglichkeit zu denken 
								gewagt, dass der Mond ein „Ding“ sei, eine 
								Kugel, gemacht aus „Erde“, so kann angesichts 
								des Abendhimmels von Abb. 1 [s.o., kopiert aus 
								"Der Mond und seine Bewegung" und mit 
								zwei Kommentaren versehen] das Entscheidende 
								geschehen: die Himmelsglocke bricht zusammen, 
								der Mond schwebt „vorn“ und die Sonne sinkt in 
								einen tiefen Abgrund in den Raum zurück, wobei 
								sie sich zu furchtbarer Größe aufbläht. Dies 
								kann das Erlebnis eines Augenblicks sein. Es 
								kann niemals „gelernt“ werden. Jeder muss es 
								einmal vor dem Himmel als eine Erschütterung 
								erfahren, wenn er wirklich aufnehmen will, was 
								er „weiß“.» 
								Der Versuchung, diese "Didaktik der Physik" 
								(oder "Lyrik der Physik"?) mit weiteren 
								Kommentaren zu versehen, kann man kaum 
								widerstehen. Aber wir kümmern uns besser um die 
								Fakten der Physik, die übrigens auch bei 
								Wagenschein zu finden sind, aber so 
								verklausuliert, dass sie bei manchen Autoren 
								"grundsätzliche Verständnisschwierigkeiten" 
								hervorrufen. 
								Die Lösung des Scheinproblems 
								Wir nähern uns dem "Problem des schielenden 
								Mondes" von außen: Jede Kugel, die in etwa die 
								gleiche Entfernung wie die Erde von der Sonne 
								hat, zeigt die gleiche Schattengrenze 
								(Terminator) wie im Bild von NASA's robot spacecraft 
								Galileo. Dabei ist mit "jede Kugel" z.B. Erde, 
								Mond, Wolke, Ballon, Tischtennisball,... 
								gemeint, und mit "in etwa" der Radius der Mondbahn. 
								Zunächst erscheint eine Animation angebracht, 
								die die Größenverhältnisse veranschaulicht: 
								  
  
    
	Der Durchmesser der Sonne beträgt ungefähr das 1,8-fache des Durchmessers 
	der Mondbahn. Der Abstand Erde-Sonne ist ungefähr 400 mal so groß wie der 
	Abstand Erde-Mond. Sonne und Mond haben von der Erde aus betrachtet den 
	gleichen scheinbaren Winkeldurchmesser. 
	Wenn wir den Mondbahnradius als Einheit nehmen, und sich die Erde im 
	Ursprung befindet, dann befindet sich der zunehmende Halbmond bei  +1 
	und der abnehmende Halbmond bei -1 auf der Hochachse. (Preisfrage: wie groß 
	sind in diesem Maßstab die Durchmesser von Erde, Mond und Tischtennisball?) 
	 
	Wir versuchen es mit einer kleinen Animation: Weil von der Erde aus gesehen 
	die Sonne gleich groß erscheint wie der Mond, sollte die Sonne auf 
	der Rechtsachse bei 1 stehen, und der zunehmende Halbmond nicht "waagrecht 
	nach rechts blicken", sondern "diagonal nach unten" (bei Sonnenuntergang). 
	Dann gäbe es aber weder Erde noch Mond, weil die Sonne eine Kugel ist. Wir 
	beginnen deshalb die Animation bei 2,5 und stellen nur den Durchmesser der 
	Sonne dar, sowie die Lichtstrahlen der Sonnenscheibe, die Erde und 
	Mond erreichen.  
	 
	Der Abstand der Sonne wird oben angezeigt. Von
	2,5 bis 20 geht es im Sekundentakt. Dann mit 1/10s weiter zu einem Zwischenstopp bei 100 (1s), 
	und wieder mit 1/10s weiter bis zum tatsächlichen Abstand der Sonne (400, 2s). | 
	 
	Von der Zentralperspektive zur Parallelperspektive 
	  |  
  				
    
	Was lernen wir daraus? 
	1. Die Sonne ist sehr groß und sehr weit entfernt. Wenn sie untergeht, 
	"steht" sie nicht am Horizont (Entfernung ~100km), sondern "viel weiter 
	weg". 
	2. Die Lichtstrahlen der Sonne, die Erde und Mond treffen, sind praktisch 
	parallel. (Rechenübung: Unter welchem Winkel erscheint der Durchmesser der 
	Mondbahn von der Sonne aus gesehen?) 
	3. Der Abstand der Lichtstrahlen der Sonne, die Erde und Mond erreichen, 
	beträgt bei Halbmond einen Mondbahnradius und bei Neu- und Vollmond kann er 
	Null werden (Finsternisse). 
	 
	Klingt alles banal, aber so ist es! Aber weshalb ist dann das "Phänomen des 
	schielenden Mondes immer wieder Gegenstand von Publikationen"? Dafür gibt es 
	ebenfalls einen banalen Grund: "Die Symmetrieachse der Phasengestalt", 
	also der Umriss (2D) wird 
	gleichgesetzt mit der Symmetrieachse der beleuchteten Mondhalbkugel 
	(3D): 
	 
	"Die Mondsichel weist stets exakt zur Sonne – so muss es sein, weil sich 
	Licht geradlinig ausbreitet?" 
	 
	Ja, Licht breitet sich geradlinig aus. Aber die "Mondsichel" (oder 
	Phasengestalt) ist eine Projektion einer mit parallelem Licht beleuchteten 
	Kugel auf eine Ebene senkrecht zur Blickrichtung des Beobachters. Da helfen 
	auch keine "Beweisfotos" (Panorama, oder Fischauge), oder Tipps zum 
	"gekrümmten Lichtweg entlang der Ekliptik" mit vom Mond zur Sonne gespannten Schnüren oder 
	Drehen des Kopfes um "geeignete Achsen". 
	 
	 |  
  
    
    Um den 2D -> 3D Trugschluss zu veranschaulichen, umrunden wir den Mond in 
	Gedanken oder mit einem Orbiter. Wenn wir das in der Ebene der Ekliptik tun 
	(und der Mond auch in dieser Ebene steht, wie im Folgenden immer 
	angenommen), sieht das wie in nebenstehender Animation aus.  
	Die Darstellung ist leicht gekippt, um die Ekliptikebene (x-y-Ebene, 
	grau) anzudeuten.  
	Der schwarze Pfeil gibt die Richtung der Symmetrieachse der Phasengestalt 
	(2D) an (er könnte auch nach links zeigen). Der rote Pfeil zeigt zur Sonne 
	(3D). Natürlich müssen beide Pfeile immer in der Ekliptikebene liegen, aber 
	der schwarze Pfeil muss nicht immer mit dem roten identisch sein, mit einer 
	Ausnahme: "Halbmond". Dann zeigen beide Pfeile nach rechts, bzw. auf der 
	Erde nach Westen (bei zunehmendem Halbmond im Frühjahr oder Herbst). Das ist auch in Ordnung so, weil 
	sich in diesem Maßstab (Monddurchmesser = 2) die Sonne bei ihrem Untergang 
	(von der Erde aus gesehen) "am Ende der y-Achse" befindet (bitte 
	nachrechnen, wo genau :-). 
	Bei Halbmond stimmt also die Aussage "Die Mondsichel weist exakt zur Sonne" 
	(aber nicht stets!). Aber genau dann scheint der Mond ja "weit über die 
	Sonne zu blicken" (je nach Jahreszeit mehr oder weniger weit). Aber ich 
	garantiere Ihnen: Wenn die Schattengrenze einer von der Sonne beleuchteten 
	Kugel (egal in welcher Höhe über dem Horizont) genau senkrecht steht, dann 
	müssen Sie sich nur um 90° drehen, um die Sonne am Horizont (in 0° Höhe) zu 
	sehen. | 
    
      | 
   
  
    
    Wie sieht der 2D -> 3D-Trugschluss bei Neumond aus? Die Animation beginnt 
	kurz vor Neumond mit der abnehmenden Mondsichel und endet kurz nach Neumond 
	mit der zunehmenden Mondsichel.  
	 
	Bei Neumond oder bei Mondfinsternis steht die Sonne sicher hinter dem Mond 
	(in Richtung des roten Pfeils. Ich glaube nicht, dass sie von dort "nach 
	rechts unten" (in Richtung des schwarzen Pfeils) springt, wenn der Mond an 
	ihr vorbeizieht. 
	 
	D.h., gerade dann, wenn der Mond nicht "schielt", weicht die Richtung der 
	Lichtstrahlen, die den Mond erreichen (3D) besonders stark, nämlich um 90°, 
	von der "Blickrichtung" des Mondes ab. 
	 
	 
	 
	 
	 | 
    
       | 
   
  
    | 
    Den Neumond sieht man nicht. Aber bei
    Vollmond (und kurz davor oder danach), ist eigentlich jedem klar, dass 
	das Licht der Sonne nicht einen krummen Weg "entlang der Ekliptik" nimmt, 
	sondern die Sonne geradeaus hinter dem Betrachter des Vollmonds steht. Wer 
	also bei aufgehendem (fast) Vollmond die Sonne sucht, sollte sich besser 
	nicht den Hals bei der Drehung um eine geeignete Achse verrenken, wenn er 
	der "Blickrichtung des Mondes entlang der Ekliptik" folgt, sondern sich 
	einfach umdrehen. | 
    
       | 
   
  
    
    Wir versetzen uns noch einmal in Gedanken in "NASA's robot spacecraft Galileo", 
	und nehmen an, dass sich innerhalb von zwei Wochen der Blickwinkel auf den 
	Mond nicht wesentlich ändert. Dann würden die nebenstehenden Aufnahmen 
	des Mondes entstehen, und die im Ursprung des Koordinatensystems gedachte Erde hätte 
	die gleiche Phasengestalt wie der Mond. 
	Von der Erde aus gesehen kann die Symmetrieachse der Phasengestalt des 
	Mondes aber in viele Richtungen zeigen, je nachdem, wo der Beobachter auf 
	der Erde steht. Nehmen wir an, der Beobachter steht bei Sonnenuntergang auf 
	der x-y-Ebene (= seine Horizontebene), dann sieht er die Sonne "am Ende der 
	y-Achse". Bei Neumond blickt er auf die nicht beleuchtete Halbkugel des 
	Mondes, und bei Vollmond sieht er die beleuchtete Halbkugel. Kurz vor oder 
	nach Neumond oder Vollmond steht aber die Symmetrieachse der Phasengestalt 
	fast senkrecht auf der y-Achse, also der Richtung der Lichtstrahlen.  
	Bei Halbmond liegt die Blickrichtung auf den Mond genau in der Ebene der 
	Schattengrenze (von Mond und Erde), auf der die Lichtstrahlen der Sonne 
	(praktisch) senkrecht stehen. Die Symmetrieachse der Phasengestalt und die 
	Richtung der Lichtstrahlen stimmen überein und verlaufen in knapp 400000km 
	Abstand (praktisch) parallel zur y-Achse, "zeigen also weit über die Sonne, 
	die am Horizont untergeht". 
	Sie vermissen eine Mondsichel? Dazu müssen Sie sich nur vorstellen, wie der 
	Mond z.B. im ersten Sechstel der Darstellung vom Ursprung aus betrachtet 
	aussieht :). Oder Sie nehmen einen Tischtennisball, beleuchten ihn mit einer 
	Schreibtischlampe, und betrachten ihn aus allen möglichen Richtungen :)). | 
    
       | 
   
  
    
    Mit anderen Worten (die roten Pfeile zeigen zur Sonne): Wenn es richtig wäre, dass die Sonne "entlang der 
	Ekliptik zu finden ist", dann hätte Galileo im Laufe zweier Wochen diese 
	Aufnahmen gemacht, bzw. obiger Beobachter würde immer nur den Halbmond (oder den halben 
	Mond?) sehen: 
	 
    Seht ihr den Mond dort stehen?   
	Er ist nur halb zu sehen, 
	und ist doch 
	rund und schön.   
	So sind wohl manche Sachen,   
	die wir getrost belachen, 
	       
	weil unsre Augen sie nicht sehn.  | 
    
       | 
   
  
    
    "Am überzeugendsten ist schließlich eine Schnur, die man so vor die Augen 
	spannt, dass sie Mond und Sonne scheinbar verbindet. Diesmal – man muss es 
	selbst gemacht haben, um es zu glauben – verschwindet das „Schielen“ auf 
	einen Schlag." (Schlichting, H. Joachim. In: Spektrum der Wissenschaft 
	43/10(2012), S. 46-48) 
	 
	 
    Vielleicht hilft beim Spannen von Schnüren, dem Verbiegen von Lichtstrahlen 
	oder beim Übergang von der Zentralperspektive zur Parallelperspektive bei 
	geeigneter Nick- und Drehbewegung ja auch nebenstehende Animation für 50° 
	nördlicher Breite: 
	 
	Im Laufe eines Tages bewegt sich die Ebene der Ekliptik (gelb). Zur 
	Orientierung ist noch die Äquatorebene (blau) und die Horizontebene (grau) 
	dargestellt. 
	 
	Auf anderen Breitengraden sieht das anders aus, siehe unten. | 
    
      | 
   
  
    
      
	 | 
    
      | 
   
  
    
    Hier ist noch ein Beweisfoto. Wenn man es vergrößert, sieht man auch den 
	Mond dort stehen. 
	 
	Und wo steht die Sonne? | 
    
      | 
   
  
    
    Weitere
    Scherzfragen: Am 16.07.19 sah der Mond zu später Stunde so aus. 
	 
	Wo stand die Sonne? Und die Erde? Und der Fotograf?  
	 
	Alle "grundsätzlichen Verständnisschwierigkeiten" beseitig? | 
    
      | 
   
  
 
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