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								Licht im Medium 
© 2007, frei nach R.P. Feynman, The Origin of the 
Refractive Index     
"Warum bewegt sich Licht im Medium langsamer als 
im Vakuum?" 
Man liest bisweilen die Erklärung, dass die Photonen in den 
Atomen des Mediums kurz anhalten ("Absorption und Reemission") und so das 
Licht gebremst wird, also seine Phasengeschwindigkeit kleiner wird. Manche Wiki-Physiker berufen sich mit dieser Erklärung auf 
die Feynman-Lectures (Vol. I, 31),  obwohl dort das genaue Gegenteil steht: 
Feynman verwendet das klassische Modell. Das Medium besteht 
aus (gedämpften) Oszillatoren, die von der primären Lichtwelle zu Schwingungen 
angeregt werden. Außerhalb der Resonanzfrequenz der Oszillatoren (Atome mit 
Dipolmoment) findet keine Absorption statt und die Oszillatoren werden zu einer 
Schwingung gezwungen, die unterhalb ihrer Resonanzfrequenz in Phase mit der 
primären Lichtwelle ist, wobei sich die primäre Lichtwelle auch im Medium mit 
Vakuumlichtgeschwindigkeit bewegt. Soweit nichts Neues, das ist die klassische 
Berechnung des Brechungsindex. Aber nun kommt Feynmans "Trick": 
Frei nach Huygens (oder Feynmans Pfadintegralen?) muss die 
(komplexe) Amplitude der Welle in jedem Raumpunkt die Summe der Amplituden aller 
Elementarwellen, die diesen Punkt erreichen, sein. Also berechnet Feynman die 
Amplitude der elektrischen Feldstärke, die von einer dünnen (ebenen) Schicht von 
Oszillatoren in einem Punkt hinter dieser Schicht erzeugt wird (Vol. I, 30-7). Und - man 
staune! - die von einer Schicht resultierende gestreute Welle hinkt der Primärwelle um 90° hinterher. 
Es handelt sich also nicht um die Phasenverschiebung, die bei der 
Anregung eines Oszillators in Resonanz entsteht, und somit nicht um 
Absorption. Addiert 
man die Amplitude der gestreuten Welle zur Amplitude der Primärwelle, so ergibt 
sich für die hinter der dünnen Schicht resultierende Welle die erwartete 
Verzögerung. 
								
												
																Feynmans 
																Phasenschieber
																 
																 
																Stellt man die 
																komplexe 
																Amplitude der 
																primären Welle 
																als schwarzen 
																Pfeil (in der 
																komplexen Ebene) 
																dar, so wird 
																ihre Phase nach 
																jeder dünnen 
																Schicht 
																verzögert 
																(kleine rote 
																Pfeile). Das 
																Ergebnis ist der 
																blaue Pfeil - im 
																Folgenden "die 
																resultierende 
																Welle". (Siehe 
																Feynman Lectures 
																Vol. I, Fig. 
																31-3.)
																 
																 
																
																Für das Weitere 
																noch eine 
																Anmerkung: 
																"Streuung" heißt 
																in diesem 
																Zusammenhang 
																immer 
																kohärente 
																Streuung, 
																genauer gesagt
																kohärente 
																
																Vorwärtsstreuung. Der 
																rote Pfeil, der 
																vom schwarzen 
																Pfeil zum blauen 
																Pfeil zeigt, ist 
																also die Summe 
																aller 
																(komplexer) 
																Amplituden der
																
																Sekundärwellen 
																mit fester 
																Phasenbeziehung 
																zur Primärwelle.
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Also wie funktioniert das nun? Es gibt zwei Arten der Modellierung: 
1. Iteration: Die Phasenverschiebung der gestreuten Wellen 
wird multiplikativ (Faktor exp(i*phi)) berücksichtigt, also eine UND-Verknüpfung 
der Pfade. 
2. Huygens pur: Alle Elementarwellen werden aufsummiert, also 
eine ODER-Verknüpfung der Pfade. 
  
1. Iteration 
  
    
      Feynmans Näherung gilt für eine dünne Schicht. Aber man kann natürlich das 
		Verfahren wiederholen und mehrere dünne Schichten hinter einander 
		setzen. Die nebenstehende Animation zeigt das Ergebnis, wenn man in der 
		Berechnung die Zeit festhält und die Dicke des Mediums (grau) anwachsen 
		lässt: Hinter dem Medium (rechts) läuft die Welle nicht rückwärts, 
		sondern wird immer stärker verzögert. Das gilt natürlich auch im Medium, 
		wo deshalb die Wellenlänge kürzer ist.
		 
		 
		Die kürzere Wellenlänge im Medium ist aber nicht auf eine kleinere 
		Phasengeschwindigkeit zurückzuführen, sondern auf eine 
		Phasenverschiebung durch die gestreute Welle. Die 
		Phasengeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle, die von 
		einer einzelnen oszillierenden Ladung ausgeht, hat überall den Wert der 
		Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Erst durch die Überlagerung mit anderen 
		Wellen kann es zu einer scheinbaren Verlangsamung der 
		Phasengeschwindigkeit kommen. Aber es ist natürlich zweckmäßig, mit 
		dieser scheinbaren Phasengeschwindigkeit (verkürzte Wellenlänge 
		durch unveränderte Frequenz) zu rechnen.
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      Das Experiment, in dem die Dicke des Mediums zu einem festen Zeitpunkt 
		variiert wird, muss erst noch erfunden werden. Wir berechnen also nach 
		obiger Methode den Durchgang einer Lichtwelle durch ein Medium:
		 
		 
      In der nebenstehenden Animation wurden 100 dünne Schichten mit dem 
		Brechungsindex 2 zu einem Medium (grau) mit der Dicke 2 zusammengesetzt. 
		Die resultierende Welle wurde von Schicht zu Schicht iterativ berechnet.
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Beim ersten Lesen denkt man bei Feynmans Ausführungen an Hokuspokus, weil in 
die Berechnung das hineingesteckt wird, was herauskommen soll: Eine 
Phasenverschiebung der Welle hinter dem Medium, die zunächst als Produkt zweier 
komplexer Zahlen dargestellt wird (wie in den obigen Darstellungen). Aber 
Feynman geht der Sache auf den Grund. Die Physik muss in der Überlagerung von 
Wellen, also der Summe komplexer Zahlen zu finden sein - frei nach Huygens. Die 
folgenden Animationen sind nach diesem Prinzip berechnet (im Gegensatz zu 
Feynmans Lectures nicht in Näherung erster Ordnung, sondern exakt). 
Man wird sehen: Der iterative Ansatz ist eher phänomenologisch. 
Die echte Physik steckt in Huygens' Prinzip. 
2. Huygens 
  
    Eine ebene Welle (im Bild nicht 
	dargestellt) trifft in z-Richtung auf ein Medium und erzeugt dort an den 
	"Streuzentren" sekundäre Elementarwellen (rot).
	 
	 
	Alle Elementarwellen bewegen sich mit Vakuumlichtgeschwindigkeit - auch im 
	Medium. Nur ihre Phase hängt vom Medium ab. Rechts ist eine solche 
	Elementarwelle dargestellt (mit überhöhter Amplitude), die ihr Zentrum in 
	der Mitte des Mediums hat und sich von dort in positive und negative 
	z-Richtung ausbreitet. (Natürlich gehen von Elementarzentren Kugelwellen 
	aus, aber die Darstellung einer 'eindimensionalen Welle' ist etwas 
	übersichtlicher :-)
	 
	 
	Siehe auch 
	Form aus 
	Kohärenz
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    Unterteilt man das Medium in 100 
	Schichten, so bekommt man 100 Elementarwellen, die rechts der 
	eingezeichneten Hilfsgeraden nach rechts und links der Hilfsgeraden nach 
	links laufen. In der nebenstehenden Momentaufnahme sind die Wellen gestapelt 
	dargestellt. Tatsächlich interferieren alle Wellen (längs der z-Achse). 
	Entscheidend für das Resultat ist ihre Phasenbeziehung:
	 
	In einem homogenen Medium (wie hier vorausgesetzt, oder im Vakuum) 
	interferieren die Elementarwellen nur in Vorwärtsrichtung konstruktiv, 
	löschen sich also in alle anderen Richtungen aus: "kohärente 
	Vorwärtsstreuung". 
	 
	Ist das Medium nicht homogen (ändert sich der Brechungsindex in Abständen, 
	die nicht wesentlich größer sind als die Wellenlänge), tritt Streuung mit 
	Richtungsänderung auf (also die "normale Streuung"), weil die Kohärenz 
	verloren geht.
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Für die folgenden Darstellungen gilt: Die 
Primärwelle 
ist schwarz dargestellt. Die gestreute 
Welle rot und die resultierende 
(primär + gestreut) blau. Alle Wellen werden komplex 
berechnet, die Darstellungen zeigen den Realteil. 
 
				
								Wir 
								beginnen mit einem kleinen Brechungsindex n = 
								1.05: Wie zu erwarten baut sich eine gestreute 
								Welle im Medium auf und ein kleiner Teil wird 
								reflektiert. Die Überlagerung der gestreuten 
								Welle mit der Primärwelle ergibt hinter dem 
								Medium (rechts) eine verzögerte resultierende 
								Welle.
								 
								 
								Man vergleiche "
								Form 
								aus Kohärenz"!
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								Bei einer 
								Brechzahl von n = 1.5 und der Dicke des Mediums d = 3 wird 
								wesentlich mehr reflektiert und es bildet sich 
								links vom Medium eine "stehende Welle mit 
								Schwebung". Im Medium ergibt sich aber nicht das 
								Bild, das man mit dem iterativen Ansatz von oben 
								bekommt, was diesen Ansatz als phänomenologisch 
								enttarnt: Die landläufige Vorstellung der 
								Sinuswelle mit verkürzter Wellenlänge im Medium 
								trifft eben nicht zu, zumindest nicht, wenn das 
								Medium nur drei Wellenlängen dick ist. Aber 
								hinter dem Medium (rechts) stimmt jedenfalls die 
								Verzögerung der resultierenden Welle gegenüber 
								der Primärwelle!
								 
								 
								Aber was ist mit den Amplituden der gestreuten 
								Welle im Medium und hinter dem Medium? Sie ist 
								größer als die Amplitude der Primärwelle! Kein 
								Grund zur Beunruhigung:
								 
								 
								1. Die Animation zeigt den Realteil der Wellen 
								(siehe auch unten Methode).
								 
								 
								2. Das Modell der erzwungenen (ungedämpften) 
								Schwingung geht davon aus, dass der Resonator 
								dem Erreger (Primärwelle) keine Energie 
								entzieht. (Siehe auch R.P.F. Gl. 31.2.)
								 
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								Hier ist 
								noch ein interessanter Spezialfall, bzw. ein 
								Test für die Gültigkeit des Modells: 
								 
								Brechzahl n = 2, Dicke des Mediums d = 3.005. 
								Was ist daran speziell? Im Medium gibt es bei 
								passender Wahl der Parameter eine stehende 
								Welle. Die Dicke des Mediums wurde absichtlich 
								nicht ganz passend gewählt (3.005 statt 3), um 
								zu veranschaulichen, dass in diesem Fall (nicht 
								exakte Abstimmung) ein Teil der gestreuten Welle 
								aus dem Medium entkommt (vorwärts und 
								rückwärts). Diesen Effekt verwendet man z.B. bei der 
								Entspiegelung von Linsen.
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								Neben der 
								kohärenten Streuung gibt es in realen Medien immer 
								auch Absorption, wenn die Frequenz der 
								Primärwelle nahe bei der Frequenz einer 
								Absorptionslinie der Atome des Mediums liegt. 
								Man kann diese Absorption durch den 
								Koeffizienten k im komplexen Brechungsindex 
								 
								n' = n*(1 - i* k) berücksichtigen. Nebenstehende 
								Animation wurde für
								d = 4.5, n = 3 und k = 0.005 berechnet und zeigt 
								das erwartete exponentielle Abklingen der 
								gestreuten und resultierenden Welle (die 
								Primärwelle ist hier nur als Referenz ohne 
								Abschwächung dargestellt). Es findet keine 
								Reemission statt (die auch nicht kohärent sein 
								könnte), sondern die Transparenz des Mediums 
								wird kleiner (bis zur Undurchsichtigkeit).
								 
								 
								Darüber hinaus kann die primäre Welle durch 
								inkohärente Streuung (z.B. 
								Rayleigh-Streuung) geschwächt werden. Beide 
								Prozesse (Absorption und inkohärente Streuung) 
								können aber nur die Intensität und 
								nicht die Phase verändern. 
								 
								Siehe auch: 
								
								Brechungsindex und Lichtstreuung
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Phasengeschwindigkeit und Gruppengeschwindigkeit 
								Eine unendlich ausgedehnte Welle kommt nur in theoretischen 
Ansätzen vor. Was wird 
aus Feynmans Ansatz, wenn man ein Wellenpaket verwendet? 
				
								Für die Brechzahl n = 2 
								(in dieser Näherung frequenzunabhängig) und 
								die Dicke des Mediums d = 4.5 sieht das etwa  so aus:
								 
								 
								Aus der Primärwelle (schwarz, Einhüllende braun) 
								wird "eine resultierende Welle" (blau). Hinter 
								dem Medium ist die Primärwelle mit der 
								Einhüllenden des transmittierten Pakets (braun) 
								als Referenz dargestellt (Phasenverschiebung zur 
								transmittierten Welle 180° bei den gewählten 
								Parametern). Die rote Einhüllende zeigt die 
								Bewegung des Pakets im Vakuum zum Vergleich.
								 
								 
								Die resultierende Welle spaltet sich in der 
								verwendeten Näherung in drei Teile auf:
								 
								Durchgehendes Paket, vorne und hinten 
								reflektiertes Paket (Mehrfachreflexionen wurden 
								also nicht berücksichtigt).
								 
								 
								Anmerkung: die 
								Näherung "frequenzunabhängige Brechzahl" gilt 
								nur für schwach dispersive Medien.  Im 
								allgemeinen Fall muss man die
								
								
								Dispersion berücksichtigen.
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Also so falsch kann Feynmans Ansatz (und Huygens' Prinzip) 
nicht sein!  
								1. Die Reflexion des Pakets an der vorderen und an der hinteren 
Grenzschicht ergibt sich "quasi von selbst". 
								2. Das Paket hat im Medium 
								eine kleinere Gruppengeschwindigkeit. 
Neuerdings macht man ähnliche Experimente 
sogar mit einzelnen 
Photonen! Allerdings 
sind dort die Schichten etwas trickreicher angeordnet, so dass das Photon sogar 
"superluminal tunnelt".  
Nun werden Sie fragen: "Wie kann ein Photon nach mehrfacher 
Aufspaltung am Stück absorbiert werden?" Fragen Sie mich etwas Leichteres! Aber 
sobald ich es weiß gibt es natürlich eine Animation zu diesem
Quantensprung! 
Die obigen Ausführungen bedeuten nicht, dass es "kohärente 
Absorption und Reemission" von Photonen nicht gibt. Mit geeigneten Vorkehrungen kann man 
heute Licht sogar fast zum Stillstand in geeigneten Medien bringen. 
Das hat aber nichts mit dem Durchgang von Licht durch Glas oder Wasser zu tun. 
								  
								Methode 
								In obigen Darstellungen ist 
								nur der Realteil der komplexen Amplitude 
								(Feldstärke) dargestellt. Was sich "hinter der 
								Bühne" abspielt, lässt sich am besten am 
								Beispiel des Wellenpakets veranschaulichen. 
								
												
																
																Wellenpaket 
																komplex:
																 
																 
																Hier ist eine 
																3D-Veranschaulichung 
																der komplexen 
																Amplitude der 
																resultierenden 
																Welle für n = 2 
																und d = 2.8 (der 
																Realteil ist 
																nach rechts 
																hinten 
																abgetragen, der 
																Imaginärteil 
																nach oben).
																 | 
																
																 
																 |  
												
																
																Oder ist die 
																2D-Darstellung 
																doch besser?
																 
																  
																Alles nur eine 
																Frage der 
																Perspektive,...
																 
																 | 
																
																Oder so?
																 
																  
																die sich im 
																Maple-Worksheet 
																natürlich 
																interaktiv 
																einstellen 
																lässt... 
																 
																 
																 | 
												 
												
																| 
																Hier ist noch 
																eine Art der 
																Darstellung. Das 
																z-t-Diagramm 
																verschafft 
																Überblick:
																 | 
																
																 
																 | 
												 
												
																
																Realteil der 
																resultierenden 
																Welle 
																(Primärwelle + 
																Streuwelle) 3D. 
																Ein Bild der
																
																
																Animation von 
																oben 
																entspricht einem 
																Schnitt parallel 
																zur z-Achse.
																 
																 
																 | 
																
																Das Ganze von 
																oben: An den 
																hellen Punkten 
																sieht man die 
																Interferenz der 
																rückwärts 
																laufenden Wellen 
																mit den vorwärts 
																laufenden.
																 
																 
																 | 
												 
												
																
																Die Streuwelle 
																alleine...
																 
																 
																 | 
																
																Die Einhüllende 
																der Huygensschen 
																Elementarwellen 
																läuft nur 
																rückwärts, wenn 
																die Ausbreitung 
																der 
																Elementarwellen 
																gestört wird.
																 
																 
																 | 
												 
												
								 
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