Korrespondenzprinzip für kleine Quantenzahlen

Die orthodoxe Quantenmechanik interessiert sich nicht für die Dynamik. Übergänge von einem Zustand in einen anderen werden durch die Projektion des Anfangszustandes auf den Endzustand berechnet und "statistisch interpretiert". Weil diese Berechnungen zumindest im Rahmen der QED Ergebnisse mit "astronomischer Genauigkeit" liefern, hat man im letzten Jahrhundert solch skurrile Konstrukte wie den "Kollaps der Wellenfunktion" in Kauf genommen: Hauptsache die Rechnung liefert ein End_Ergebnis, das bis auf 10 oder mehr stellen genau ist. Was sich zwischen dem Anfangs- und Endzustand abspielt ist egal! Diese Ansicht wurde so lange wiederholt, bis sie als nahezu unwiderlegbar galt. Für die ewig Uneinsichtigen (kausal denkenden) hatte man ein Schlupfloch von der Mikrophysik zur Makrophysik offengehalten, nämlich das Bohrsche Korrespondenzprinzip. Nach dem Motto "wer sich die Aussagen der Quantenphysik nicht vorstellen kann, möge sich mit großen Quantenzahlen trösten".

Im Prinzip war aber schon immer bekannt, dass auch für kleine Quantenzahlen eine erstaunliche Korrespondenz der quantenmechanischen Beschreibung zur klassischen Vorstellung besteht. Wenn man den Übergang eines Systems nicht mit dem ominösen Quantensprung überspringt, sondern seine Dynamik mit Hilfe der Schrödingergleichung darstellt, wird der "gesunde Menschenverstand" sehr eindrucksvoll bestätigt.

Die folgenden Bilder sollen dies verdeutlichen. Sie zeigen die Dichteverteilung eines Elektrons im Wasserstoffatom, wenn dem Grundzustand (n,l,m = 1,0,0) der nächst höhere "klassische" Zustand (n,l,m = 2,1,1) überlagert wird (rechts neben den Quantenzahlen steht das Gewicht des Grundzustandes).


Schon eine kleine Beimischung (1%) von 2,1,1 zu 1,0,0 genügt, um aus dem kugelsymmetrischen "stationären" Grundzustand einen Zustand zu machen, in dem das Elektron mit einer "kleinen Unwucht" umläuft - natürlich mit der passenden klassischen Frequenz...

Wenn das Elektron auf der Hälfte des Weges vom Grundzustand zum angeregten Zustand ist, sieht es so aus. Eine fast klassische Kugel läuft um das Zentrum (und auf der gegenüberliegenden Seite ein Loch).
 
Das Elektron ist fast (99%) auf der nächst höheren Bahn angekommen, auf der es sich zu verteilen beginnt. Es bleibt eine kleine Unwucht in der Nähe des Zentrums mit der die Orte rotieren, an denen dieses "Quantenobjekt nicht nachgewiesen werden kann..."

Die vorangehenden Filme zeigten Überlagerungen der Zustände 1,0,0 und 2,1,1 mit zeitlich unveränderlichen Gewichten. Alleine durch diese Überlagerung entsteht die klassische Dynamik einer "Ringantenne" (bzw. eines rotierenden Dipols, s.u.). Aber die quantenmechanische Behandlung des "Problems" liefert noch mehr Dynamik: Wenn ein Atom passend angeregt wird, durchläuft es die Stadien der Überlagerung kontinueirlich.

 

Weshalb wird nach über 50 Jahren in fast allen Lehrbüchern weiterhin die falsche Antwort  auf Schrödingers Frage gegeben?

"Ringantenne" steht in Anführungszeichen, weil es sich dabei nicht um einen zu einem Ring gebogenen Faltdipol handelt, der mit Wechselspannung betrieben wird. Um die Strahlungscharakteristik eines umlaufenden Elektrons zu erhalten, müsste man zwei zu einander senkrecht stehende Dipolantennen mit 90° Phasenverschiebung betreiben.

'Moderne Physik mit Maple'

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