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Die Didaktik im Zeitalter der Neuen Technologien

M. Komma, Weihnachten 97

 

In unserer schnelllebigen multimedialen Zeit laufen wir immer mehr Gefahr, den Zweck durch das Medium zu ersetzen.
Wir werden in eine virtuelle Realität verführt, in der alles für jeden ohne eigene Leistung lernbar sein soll: Der Weg ist das Ziel. So lautet das Marathon-Motto für das nächste Jahrtausend. Lebenslängliches Lernen wird so angepriesen, als könnte man uns durch die neu erfundenen interaktiven Nürnberger Trichter aus unserer lebenslänglichen Haft per Mausklick in den Cyberspace katapultieren. Nur wäre das unerfreuliche Ergebnis dann: 'Lost in Cyberspace'.
So paradox es auf den ersten Blick erscheinen mag, gerade der Aufbruch in die Informationsgesellschaft setzt eines voraus: Bildung (die gute, alte). Denn dem Konsumenten von Information wird das Filtern von Nachrichten nicht mehr wie dem Zeitungsleser von Redakteuren abgenommen. Er muß selbst sehen, wie er im Meer der Informationen über Wasser bleibt. Für viele wird das beschwerlich werden, für einige aber ist es ein Abenteuer (und für manche sogar ein lukratives). Das Phänomen Internet ist nicht ein rein technisches sondern wird gravierende soziale Folgen haben. Zunächst wird es die Menschheit in user und loser spalten, in solche, die einen Internet-Zugang haben oder nicht - die Claims sind schon abgesteckt. Dann wird der Kuchen unter den usern verteilt. Wer die Fähigkeit besitzt, sein eigener Redakteur zu sein, wer das Know-how besitzt, die Spreu vom Weizen zu trennen, wird Macht besitzen.
Wir leben in einer Zeit der Chancen. Die Chancen sind aber so vielfältig und ändern sich so rasch, daß manche vom rasenden Stillstand sprechen (Hard- und Software-Updates). Aber wir sind dieser rasenden Entwicklung nicht restlos ausgeliefert, wenn wir ein paar grundlegende Regeln berücksichtigen, die schon
Aristoteles kannte. Freilich hat sich seit Aristoteles die Medienlandschaft etwas verändert. Aber hinter der Technik steht immer noch der Mensch und der hat sich seit Aristoteles nicht wesentlich verändert.

Worum geht es hier eigentlich?

Nachdem Sie nun den Originaltext gelesen haben, möchte ich zeigen, daß schon Aristoteles alles vorgedacht hat, was manche heute mit ihren Computern und Multimedien als Revolution und einmalige Chance der Didaktik verkaufen wollen. Andererseits: Wer kannte zu Aristoteles Zeiten schon Aristoteles? Oder: Wen (wie viele Millionen) hätte Aristoteles mit Web-Publishing erreicht? Und natürlich die Frage von heute: Brauchen wir Philosophie oder Technologie?
Mein Experiment (an dem Sie als Leser gerade teilnehmen) besteht also darin, daß ich mich der neuen Technologien bediene, um eine Bildungs-Renaissance zu erreichen.


Wir stellen also zunächst des Aristoteles älteste Metaphysik graphisch dar (z.B. in einer Powerpoint-Präsentation):

 

 

So gesehen erscheinen die Stufen auf dem Weg zur Erkenntnis fest gefügt und statisch vorgegeben. Aber Aristoteles wußte natürlich auch schon, daß Erkennen ein Prozeß ist - lebenslänglich für das Individuum und das Menschen-Bienen-Volk. Und gerade Aristoteles hat schon immer nach der Ursache und dem Ziel gefragt, war nie mit der 'Teilhabe an den Ideen' seines Meisters Platon zufrieden. Vielleicht hätte er mit Powerpoint diese Dynamik entwickelt:

 

 

Wir haben nun Aristoteles ein paar (neue) Fremdwörter in den Mund gelegt. Aber wenn Aristoteles unsere Technologien gehabt hätte (und unser Wissen?), hätte er als Vater der Technik diese Kunstwörter wohl ungeniert benutzt, um den Aufschwung von der Wahrnehmung zum Wissen zu beschreiben. Sicher wäre er als Mensch, der die Bilder liebte, auch lange vor Bildschirmen gesessen und hätte es genossen, diese Kreise immer weiter zu ziehen und immer mehr abzuspeichern: Kilobytes, Megabytes, Gigabytes, Terabytes...

Dabei hätte er auch bald eine Kunstfertigkeit erlangt - das Handling wäre ihm in Fleisch und Blut übergegangen:

 

So weit sind wir nun auch mit unseren Computern. Wir haben eine bienenartige (oder affenartige?) Kunstfertigkeit erreicht, uns im Kreis zu drehen. Und alles dreht sich um die Teilhabe an den neuen Schätzen der Technologie - technikzentriert (denn um Wortschöpfungen sind wir ja nicht verlegen). Aristoteles wäre aber nicht bei Wortschöpfungen stehen geblieben. Er wäre zur Wertschöpfung fortgeschritten. Nein, nicht wie Soft- oder Hardwarekonzerne, eher so:

 

Um dem Technologiezirkel (-zirkus?) zu entfliehen, hätte er etwas mehr Ursachenforschung betrieben. Schließlich war er ja immer auf der Suche nach der Entelechie und nicht nach der Entechnologie. Und Einstein hätte ihm dabei geholfen: Faktenwissen reicht nicht, um dem rasenden Stillstand zu entkommen. Die nächste Ebene ist nur mit einem intuitiven Sprung zu erreichen. Hegel und Engels hätten allerdings dagegen eingewendet, daß dies auch mit einem dialektischen Sprung möglich sei (und heute meinen manche, die von Quantenphysik offensichtlich überhaupt keine Ahnung haben, es ginge auch mit einem Quantensprung). Aber ein Sprung muß es schon sein, darin sind sich alle einig - oder ein Ruck?

Didaktiker werden nun fragen, wie man diesen Sprung vermitteln oder gar üben kann. Fragen wir doch Aristoteles! Er meint, daß man sich erst dann um Ursachen und letzte Ursachen zu kümmern beginnt, wenn die Alltagsprobleme gelöst sind (rein technisch), und man genügend Muße hat, sich philosophische Gedanken zu machen. Kreativität würden wir heute sagen.

 

 

Und diese Kreativität lohnt sich, denn nur mit ihr finden wir Neuland - neue Daten.

To be continued...